Wie bereits im Nahverkehrsplan 2014-2018 steht die Anpassung des ÖPNV an die Erfordernisse der wachsenden Stadt im Mittelpunkt der Angebotsgestaltung für den neuen NVP. Zudem soll seine Rolle im Sinne eines stadtverträglichen Verkehrs weiter gestärkt werden. Dabei gilt es sowohl die in der Vergangenheit entstandenen „Risse in der Angebotsdecke“ (Kapazitätsengpässe, erkannte Defizite in Erschließungswirkung und Angebotsqualität) aufzufüllen, als auch die Weiterentwicklung des ÖPNV passfähig zur Weiterentwicklung der Stadt (hinsichtlich Bevölkerung, Fläche, Alters-, Wirtschafts- und Sozialstruktur) zu gestalten. Grundlage dafür waren Berechnungen zum ÖPNV-Leistungsbedarf in der wachsenden Stadt Berlin.
ÖPNV-Leistungen für die wachsende Stadt
Bereits im Nahverkehrsplan 2014-2018 wurde auf die wachsende Stadt mit einem kontinuierlichen Ausbau des Verkehrsangebotes reagiert. Dieser Ausbau soll in der Laufzeit des NVP 2019-2023 fortgeführt und intensiviert werden.
Um die zukünftige Nachfrage herzuleiten wurden verschiedene Parameter berücksichtigt:
- Die prognostizierte Einwohnerinnen- und Einwohnerentwicklung,
- Die Pendlerinnen- und Pendlerzahlen,
- Die Tourismuszahlen,
- Die Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl von Wegen pro Tag,
- Der ÖPNV-Anteil am Modal Split (entsprechend der Ziele des StEP MoVe).
Treiber des Mehrbedarfs sind zum einen die steigende Einwohnerinnen- und Einwohnerzahl als auch der steigende Pendlerverkehr und ein weiterhin wachsender Tourismus. Entsprechend der allgemeinen verkehrspolitischen Zielsetzungen wird zukünftig zudem ein höherer Modal-Split-Anteil des ÖPNV angenommen. Um die Bandbreite der möglichen Nachfrageentwicklungen abzudecken, wurden drei verschiedene Nachfrageszenarien (untere, mittlere und obere Variante) entwickelt, die bis zum Jahr 2030 eine Nachfragesteigerung von 15% bis 42% vorsehen. Das Jahr 2030 resultiert dabei aus dem analogen Betrachtungszeitraum des StEP MoVe Im Rahmen des NVP wurde die mittlere Variante als Planungsgrundlage gewählt, bei der ein Zuwachs der täglichen ÖPNV-Wege von 29% angenommen wird. Dies entspricht rund 1,2 Mio. täglichen Wegen zusätzlich.
Für die einzelnen ÖPNV-Verkehrsmittel ergibt sich in Summe bis zum Jahr 2023 hieraus ein Angebots-Mehrbedarf in Bezug auf das Leistungsvolumen von 3,6% bis 9,2% (ausgenommen Regionalverkehr). Bis zum Jahr 2035 (Ende der Laufzeit des zukünftigen Verkehrsvertrages mit der BVG) wird die Verkehrsleistung weiter anwachsen.
Die zusätzlichen Leistungsvolumina beim Regionalverkehr resultieren aus einem zukünftig starken Ausbau der Stadt-Umland-Verkehre auf der Schiene. Bei S- und U-Bahn werden sie vor allem für Kapazitätserhöhungen in der Hauptverkehrszeit sowie für die Bedienung im Bau befindlicher Neubaustrecken (U5, S21) eingesetzt. Mehrleistungen bei der Straßenbahn werden vor allem für die gezielte Taktverdichtung und Umstellung von Bus- auf Straßenbahnbetrieb auf wichtigen Korridoren benötigt. Beim Bus resultiert die Leistungserhöhung aus einem Ausbau des 10-Minuten-Taktes und besseren Stadt-Umland-Verbindungen. Die Umsetzung des Leistungsaufwuchses ist dabei schrittweise in den Jahren bis 2023 bzw. 2035 vorgesehen.
Die genaue Verteilung der Leistungsmengen auf die einzelnen Verkehrsmittel (U-Bahn, Tram, Bus) ist Bestandteil der Abstimmung des jeweiligen Jahresfahrplans zwischen BVG und Aufgabenträger. Eine Umverteilung zwischen den BVG-Verkehrsmitteln (bei Einhaltung der Gesamtleistungsmengen) kann erfolgen, wenn BVG und Aufgabenträger dies als verkehrlich sinnvoll und betrieblich leistbar einschätzen.
Stand der Umsetzung und aktuelle Entwicklungen
Seit 2014 sind auf Grundlage eines Beschlusses des Abgeordnetenhauses bereits zusätzliche Gelder für Mehrleistungen im Rahmen der wachsenden Stadt bereit gestellt worden. Damit konnten sukzessive eine Reihe von Angebotsverbesserungen entsprechend der Angebotskonzeption des Nahverkehrsplans umgesetzt werden. Die langfristige finanzielle Absicherung des benötigten Leistungsvolumens ist Bestandteil der weiteren politischen Entscheidungsfindung im Land Berlin.
Ganz grundsätzlich hat sich in den letzten Jahren die Bevölkerungsentwicklung deutlich dynamischer vollzogen, die aktuellen Einwohnerzahlen liegen derzeit selbst über den Annahmen, die in das oberste Szenario des Nahverkehrsplans eingeflossen sind. Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen beobachten diese Entwicklungen kontinuierlich und passen die Angebotsplanung an, soweit dies unter den bestehenden Rahmenbedingungen (Finanzierung, Fahrzeugverfügbarkeit, Erschließungsmöglichkeiten neuer Baugebiete) möglich ist.